Wehranlagen

Mittelalterliche Stadtbefestigung von Freistadt

Linzertor innenDie mittelalterliche Stadtbefestigung von Freistadt ist zu den besterhaltenen städtischen Befestigungsanlagen in der mitteleuropäischen Region zu zählen. Die an einem wichtigen Handelsweg liegende Stadt wurde um von Leopold VI., Herzog von Babenberg gegründet. Mit dem Bau der neuen Siedlung wurde auch die Befestigung angelegt, die aus Mauern mit Graben und einer hölzernen Palisade bestand. Gemeinsam mit dem Bau einer neuen Burg im nordwestlichen Teil der Stadt erfolgte in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts ein umfangreicher Umbau der ganzen Befestigungsanlage, die später mit einigen Wehrtürmen und Eingangstoren ergänzt wurde.

StadtmauernDie Befestigungsanlage bestand aus sechs Abwehrelementen: der Mantelmauer, dem Stadtgraben, der äußeren Stadtmauer, dem Zwinger, der inneren Stadtmauer und der Reihe, einem freien Raum an der Innenseite der Stadtmauer bis zu den ersten Häusern. Die erste Schutzlinie bestand aus einer Steinmauer an der Außenseite des Grabens. Die anspruchsvollste Bauarbeit beim Bau der städtischen Befestigungsanlage war das Ausheben des Grabens, obwohl ein Teil der ausgehobenen Steine beim Bau der Stadtmauern verwendet wurde.

Zwinger mit LinzertorDie äußere Stadtmauer mit einer Höhe von 8-9 m war die höchste Stadtmauer. Sie blieb am Umfang der ganzen Stadt erhalten, an einigen Stellen auch in ihrer ursprünglichen Höhe. An die Brüstung der durch Schießscharten gegliederten Mauer lag ein hölzerner überdachter Wehrgang an. Zwischen der äußeren und inneren Stadtmauer erstreckte sich der Zwinger, eine ebene ungegliederte Fläche, wo jahrhundertelang absolutes Bauverbot galt. Die sieben Meter hohe innere Stadtmauer blieb nur stellenweise erhalten. Die Brüstung wurde hier durch Schlitzschießscharten und segmentartig vorragende Basteien gegliedert. Die Reihe, der ursprünglich freie Raum an der Innenseite der Befestigungsanlage wurde bereits im Spätmittelalter mit kleineren niedrigeren Gebäuden bebaut, die jedoch den Durchgang durch den Wehrgang nicht beschränken durften.

Bestandteil der Befestigungsanlage waren auch Bastionen, die den Zugang zu den Stadttoren schützten und zum letzten Mal in der Barockzeit umgestaltet wurden. Gleichzeitig mit dem Umbau der Stadtbefestigung in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts wurden die halbrunden Türme Bürgerkorpsturm und Weyermühlturm (zum Schutz der Stadtmühle bestimmt) gebaut. Im Zusammenhang mit den Befestigungsarbeiten nach den Hussitenkriegen wurden in den 40er Jahren des 15. Jahrhunderts die runden Türme Scheiblingturm und Dechanhofturm zum Schutz der Steinmauern erbaut, die das Wasser im Burggraben anstauten. Mit einem System der Dämme im sinkenden Terrain war es möglich, den Graben bei Kriegsgefahr mit Wasser zu füllen. Im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts baute der Steinmetz Mathes Klayndl zwei Stadttore, das Linzertor, das Böhmertor und ein Tor für Fußgänger, das Posttürl. Der jüngste Stadtturm ist der Rathausturm, der als Pulverturm diente.

Seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verloren die Freistädter Stadtmauern dank der Modernisierung der Schusswaffen ihre Funktion und wurden allmählich zur Quelle billigen Baumaterials. Nach dem Brand im Jahr 1815 wurde der halbrunde Turm im Winkel abgebrochen und der Salzhofturm wurde herabgesetzt. Nach einem weiteren Brand im Jahr 1887 wurde beschlossen, das Posttürl an der Ostseite der Stadt abzureißen. Das Böhmertor blieb nach der Vernichtung der eingelegten Holzkonstruktion durch einen Brand bis heute als Torso erhalten.

» Weiter zum nächsten Fotopoint

Literatur/Quelle:

  • Freistädter Geschichtsblätter, Heft 15, Stadtgemeinde Freistadt, 2010
Scan the QR Code